Das Pariser Abkommen, ein Versprechen, das 174 Länder auf der Klimakonferenz der Vereinten Nationen 2015 unterzeichnet haben, hat die Art und Weise, wie Menschen investieren, in gewisser Weise verändert. Mit dem Temperaturanstieg auf unserem Planeten ist auch das Interesse der Anleger an Portfolios gestiegen, die mit dem Ziel übereinstimmen, bis 2050 weltweit Netto-Null-CO2-Emissionen zu erreichen. Da die Energiewende weiter voranschreitet, ist es wichtiger denn je, dass Investoren über die nötigen Instrumente zur Integration des Klimaschutzes in allen Anlageklassen verfügen.
Allerdings spielen Staatsanleihen bisher bei der Entwicklung hin zu Netto-Null-Investitionen eher eine Nebenrolle. So ergab ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Net Zero Asset Managers Initiative, dass von 325 Unterzeichnern nur 24 Staatsanleihen in ihre Nachhaltigkeitsportfolios aufgenommen hatten, was weit weniger als bei allen anderen wichtigen Anlageklassen war [1]. Und das, obwohl der globale Markt für Staatsanleihen einen Wert von 64 Billionen US-Dollar umfasst [2]. Viele institutionelle Investoren sind außerdem verpflichtet, Staatsanleihen zum Zwecke des Asset Liability Managements (d.h. zur Synchronisation von Cashflows und Risiken zwischen den gehaltenen Vermögenswerten einerseits und den Verbindlichkeiten andererseits) zu halten.Was behindert die Einbeziehung von Staatsanleihen in Netto-Null-Investitionen?
Die Integration von Staatsanleihen oder anderen öffentlichen Anleihen in Netto-Null-Anlagestrategien war in der Vergangenheit schwierig. Erstens könnte die Reduzierung oder Entfernung von solchen Anleihen mit schlechter Performance aus Portfolios aufgrund der begrenzten Anzahl von Emittenten zu einem Konzentrationsrisiko führen. Zweitens gibt es ein großes Messproblem. Im Vergleich zu Unternehmen sind Länder hochkomplexe Gebilde, die an verschiedenen Aktivitäten beteiligt sind – einige davon können umweltfreundlich sein, während andere weniger umweltfreundlich sein können.
Das Problem der Messung könnte theoretisch durch das Pariser Abkommen gelöst werden, das die teilnehmenden Länder dazu verpflichtet, national festgelegte Beiträge (NDCs) festzulegen. Diese NDCs legen fest, was ein Land zur Bekämpfung des Klimawandels tun wird. Alle Länder müssen ihre Ziele einhalten und ihre Fortschritte alle fünf Jahre überprüfen. Es gibt jedoch einen Haken: NDCs sind nicht nur länderspezifisch, sondern auch flexibel, was bedeutet, dass politische Entscheidungsträger ihre Ziele auf der Grundlage ihrer (sich oft ändernden) Bedürfnisse oder Einschränkungen anpassen können. Dies macht die Bewertung der ökologischen Nachhaltigkeit auf Länderebene in der Regel zu einer Herausforderung und zu einem ressourcenintensiven Unterfangen.
Der Aufstieg der „gelabelten“ Anleihen
Ein relativ neuer Weg für Staatsanleihen, in Nachhaltigkeitsportfolios aufgenommen zu werden, wurde in Form von „gelabelten“ Anleihen gefunden. Dabei handelt es sich um Anleihen, die von Regierungen zur Finanzierung spezifischer Nachhaltigkeitsprojekte, einschließlich grüner Projekte, ausgegeben werden. Wie unten dargestellt, ist die Emission dieser Anleihen in den letzten zehn Jahren explosionsartig angestiegen, wobei europäische Länder wie Deutschland, Frankreich und Italien eine Vorreiterrolle einnehmen. Es versteht sich von selbst, dass es viel einfacher ist, die Nachhaltigkeit von Staatsanleihen zu bestimmen, die für bestimmte grüne oder soziale Projekte vorgesehen sind.
Der Aufstieg der „gelabelten“ Anleihen
Ein relativ neuer Weg für Staatsanleihen, in Nachhaltigkeitsportfolios aufgenommen zu werden, wurde in Form von „gelabelten“ Anleihen gefunden. Dabei handelt es sich um Anleihen, die von Regierungen zur Finanzierung spezifischer Nachhaltigkeitsprojekte, einschließlich grüner Projekte, ausgegeben werden. Wie unten dargestellt, ist die Emission dieser Anleihen in den letzten zehn Jahren explosionsartig angestiegen, wobei europäische Länder wie Deutschland, Frankreich und Italien eine Vorreiterrolle einnehmen. Es versteht sich von selbst, dass es viel einfacher ist, die Nachhaltigkeit von Staatsanleihen zu bestimmen, die für bestimmte grüne oder soziale Projekte vorgesehen sind.
Abbildung 1: Globale Emission von grünen Staatsanleihen 2016–23 (in Mrd. USD)
Bewertung der Nachhaltigkeit auf Länderebene
Aber abgesehen von den „gelabelten“ Anleihen spielen reguläre Staatsanleihen in nachhaltigkeitsorientierten Anlagestrategien nur selten eine Rolle. Und das, obwohl Regierungen durch politische und regulatorische Hebel einen großen Spielraum haben, um nachhaltigere Ergebnisse zu erzielen. Tatsächlich können die Auswirkungen solcher Veränderungen auf nationaler Ebene in Bezug auf positive Ergebnisse in der realen Welt weitaus größer sein als die Bemühungen eines einzelnen Unternehmens.
Vor diesem Hintergrund haben wir uns an den Initiativen der Institutional Investors' Group on Climate Change (IIGCC) beteiligt. Wir haben ein eigenes Toolkit zur Bewertung der Umweltverträglichkeit von Staatsanleihen entwickelt, um deren Aufnahme in Portfolios, die auf Dekarbonisierung ausgerichtet sind, zu erleichtern.
Schaffung von Glaubwürdigkeit bei staatlichen Emittenten
Wir nutzen unsere Erfahrung bei der Ausrichtung und Glaubwürdigkeit von Netto-Null-Portfolios nun auch für Staatsanleihen. Unser firmeneigenes Rahmenwerk zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit zielt darauf ab, die Länder mit der robustesten Klimapolitik zu ermitteln. Dies hilft nicht nur bei der Portfolioanalyse, sondern kann auch unser Engagement bei staatlichen Emittenten bereichern. So können wir deren Klimapolitik und -maßnahmen im Detail besprechen.
Unser Glaubwürdigkeitsrahmen für Staatsanleihen, der auf den drei Grundpfeilern Dekarbonisierung, politische Maßnahmen und politischer Rückhalt basiert, zielt auf eine umfassende Betrachtung der allgemeinen Zuverlässigkeit und Plausibilität der nationalen Klimapolitik ab. Der Schwerpunkt liegt hier auf qualitativen Faktoren und auf der Festlegung der allgemeinen zukünftigen Marschrichtung. Jedes Land wird anhand dieser drei Faktoren bewertet und die Ergebnisse zu einer Gesamtbewertung zusammengeführt, die direktere Ländervergleiche ermöglicht.
Konsistenz der Berichterstattung
Die Umsetzung eines Glaubwürdigkeitsrahmens trägt dazu bei, die analytische Genauigkeit insgesamt zu verbessern und die Konsistenz der Berichterstattung über alle Anlageklassen hinweg zu erhöhen. Anleger, die einen solchen Ansatz verfolgen, sollten besser in der Lage sein, den Fortschritt ihres Portfolios hinsichtlich der Berücksichtigung von Klimaaspekten zu überwachen, zu kommunizieren und darüber zu berichten.
Abbildung 2: Berichterstattung über die Ausrichtung auf Netto-Null-Ziele bei Staaten und Unternehmen
Der Weg in die Zukunft
Das eklatante Fehlen von Staatsanleihen in den meisten Dekarbonisierungsportfolios könnte auf die verschiedenen Probleme zurückzuführen sein, die die Bewertung von staatlichen Emittenten aus Nachhaltigkeitssicht erschweren können. Doch in der Branche sind zunehmend neue Ansätze zu beobachten, die diese Probleme überwinden und eine fundiertere Bewertung ermöglichen. Diese Entwicklung könnte entscheidend sein, da Länder im Gegensatz zu einzelnen Unternehmen über die gesetzgeberischen und politischen Befugnisse verfügen, die eine weitreichendere, reale Wirkung haben können.
Wenn die Hindernisse für die Aufnahme in Dekarbonisierungsportfolios weiter abgebaut werden, könnte die riesige globale Anlageklasse der Staatsanleihen unserer Meinung nach das fehlende Puzzleteil für nachhaltige Investments werden.
- Die Initiative „Net Zero Asset Managers“ veröffentlicht einen Bericht über die Offenlegung der Zielvorgaben der Unterzeichner, da die Initiative auf über 325 Unterzeichner angewachsen ist – Die Initiative „Net Zero Asset Managers“Opens in new window
- Dies ist die Schätzung der International Capital Markets Association für die Marktgröße im Jahr 2020, auf die im folgenden Papier Bezug genommen wird: „Sovereign Bonds and Country Pathways“, IIGCC, April 2024