Die Ergebnisse der parallel stattfindenden Wahlen zum US-Kongress sind ebenfalls wichtig. Denn eine geteilte Legislative würde die Fähigkeit des neuen Präsidenten einschränken, politische Maßnahmen umzusetzen, während eine klare Mehrheit zu eindeutigeren politischen Veränderungen führen könnte.
Wir untersuchen verschiedene Szenarien und ihre möglichen Auswirkungen auf die Schuldtitel der Schwellenländer (EMD), wobei wir uns auf den Einfluss der Fed und die mögliche Richtung der US-Handelspolitik konzentrieren.
Szenario: Kamala Harris gewinnt
Wenn die Demokraten am Ende das Weiße Haus und den Kongress kontrollieren, können wir davon ausgehen, dass die derzeitige Vizepräsidentin viele der aktuellen politischen Maßnahmen der Regierung fortsetzen wird.
Vorgeschlagene höhere Ausgaben und Steuererhöhungen für Unternehmen und wohlhabendere US-Haushalte könnten die US-Wirtschaft zunächst ankurbeln, aber diese werden sich letztendlich auf das Wachstum auswirken und die Unternehmensinvestitionen beeinträchtigen.
Kurzfristig könnten die Renditen von US-Staatsanleihen und der US-Dollar steigen. Mittelfristig könnten jedoch die Schwellenländer profitieren, da internationale Investoren aufgrund des langsameren US-Wachstums nach anderen Anlagemöglichkeiten suchen, was zu erhöhten Kapitalzuflüssen in EM führen würde.
Es ist zwar davon auszugehen, dass Harris die Handelspolitik von Präsident Joe Biden beibehalten wird, aber sie wird wahrscheinlich selektiver vorgehen, wenn sie Länder mit Zöllen belegt, was zu weniger Marktstörungen führen wird. Dies ist besser für die Schwellenländer, die eine wichtige Rolle in den globalen Lieferketten spielen und große Rohstoffexporteure sind.
Ein weiterer wichtiger Punkt wird ihr Engagement für Investitionen in den Klimaschutz und saubere Energie sein – was ärmeren und anfälligeren Schwellenländern zugutekommen könnte.
Szenario: Donald Trump gewinnt
Eine erneute Präsidentschaft Trumps, gepaart mit der republikanischen Kontrolle über die Legislative, könnte die US-Wirtschaft durch fiskalische Anreize, wie z. B. nicht gegenfinanzierte Unternehmenssteuersenkungen, ankurbeln.
Dies würde wahrscheinlich inflationär wirken und die Fähigkeit der Fed einschränken, die Zinssätze zu senken, um das Wachstum zu unterstützen, und die Renditen von US-Staatsanleihen und den US-Dollar unter Aufwärtsdruck setzen.
Dies ist das negativere Szenario für die Schwellenländer, da die Finanzierungskosten steigen, die Währungen der Schwellenländer schwächer werden und Kapital aus den Entwicklungsländern abfließt.
Die auf Zölle fokussierte Handelspolitik des ehemaligen Präsidenten könnte den Welthandel stärker stören und einen Handelskrieg mit China ausweiten. Dies könnte die Inflation in den USA anheizen, was die Fed zu einer erneuten Zinserhöhung zwingen und den US-Dollar stärken würde. Es wäre wahrscheinlich, dass Kapital aus den Schwellenländern abfließt.
Seine Unterstützung für eine Erhöhung der US-Ölproduktion könnte zu einem Rückgang der globalen Ölpreise und zu einer Neuausrichtung der Kapitalströme zwischen Schwellenländern führen, die Nettoölexporteure oder Nettoimporteure sind.
Szenarien mit gespaltenem Kongress
In Szenarien, in denen weder Demokraten noch Republikaner die Kontrolle über beide Kammern des Kongresses gewinnen, sind die Auswirkungen auf die Hauptanlageformen und Schwellenländer weniger eindeutig.
Eine Präsidentschaft von Harris könnte mit fiskalischer Risikobereitschaft und Problemen mit der inländischen Schuldenobergrenze konfrontiert sein – ein wiederkehrender Blitzableiter für parteiübergreifende Streitigkeiten, während Trump sich möglicherweise mehr auf die Handelspolitik konzentrieren wird.
Eine geteilte Legislative würde die Fähigkeit eines neuen Präsidenten, politische Maßnahmen umzusetzen, außer in den Bereichen Außenpolitik und Handel , wo er mehr Autonomie genießt, einschränken.
Eine Spaltung könnte, im Vergleich zu einem klaren Sieg einer Partei in beiden Kammern, zu gemäßigteren politischen Ergebnissen führen. Dies kann entweder als ein Hindernis oder als ein gutes Beispiel für politische Kontrolle und Gegenkontrolle in Aktion angesehen werden.
Handelspolitik und Protektionismus
Trotz der Polarisierung in der US-Politik gibt es eine gewisse parteiübergreifende Einigkeit in der Handelspolitik – insbesondere in Bezug auf eine harte Haltung gegenüber China.
Unabhängig vom Wahlergebnis wird erwartet, dass die nächste US-Regierung eine protektionistischere Haltung gegenüber dem Welthandel einnehmen wird.
So scheint beispielsweise auch die Neuverhandlung des Abkommens zwischen den Vereinigten Staaten, Mexiko und Kanada (USMCA) im Jahr 2026 umstritten zu sein, unabhängig davon, wer das Oval Office besetzt.
Harris könnte sich auf stabile strategische Allianzen und Handelsabkommen konzentrieren und eine regelbasierte internationale Ordnung unterstützen. Trump könnte bilaterale Abkommen und flexiblere Allianzen bevorzugen.
Die Rolle der Fed
Die Fed hat im vergangenen Monat endlich die Zinsen gesenkt. Die Zentralbanken der Schwellenländer haben bereits früher mit Zinssenkungen begonnen, aber das Aktivwerden der Fed wird zu einer weiteren Lockerung der Geldpolitik in diesen Märkten führen, was gut für die Anleihen der Schwellenländer ist.
Die Realzinsen liegen in den meisten Schwellenländern über denen in den USA. Dies gilt insbesondere für Lateinamerika. Da sich die Inflation in vielen Schwellenländern abschwächt, dürften die Zentralbanken bei ihren bevorstehenden Zinsentscheidungen vorsichtig, aber dennoch opportunistisch sein.
Auch China kündigte nach der Senkung der Fed um einen halben Prozentpunkt aggressivere Lockerungsmaßnahmen an. Dazu gehören Steuertransfers und Zinssenkungen zur Stützung der Binnennachfrage. Das Ausmaß dieser schrittweisen Änderung der chinesischen Politik ist jedoch noch ungewiss.
Dennoch stellen die US-Wahl und eine Neubewertung des Zinspfads der Fed kurz- und mittelfristig potenzielle Herausforderungen für die Zentralbanken der Schwellenländer dar.
Marktvolatilität und plötzliche Dollarstärke könnten die Lockerung in den Schwellenländern verzögern. Zudem könnte auch eine Eskalation des Handelskrieges unter einer Präsidentschaft von Trump den Spielraum für Zinssenkungen weiter einschränken.