Der Übergang im Jahr 2024 - die Realität ist widrig

Dekarbonisierung, Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit: Ist es möglich, alle drei Probleme auf einmal zu lösen? Die Wendung vom Trilemma der Energiewende, nämlich alle drei Komponenten der Energiepolitik unter einen Hut zu bringen, ist in den letzten 12 Monaten wieder zu einem offensichtlichen Thema geworden. Für einige schien die Energiewende unaufhaltsam zu sein. Aber wenn man dann noch einige Probleme mit der Versorgungskette nach der Pandemie, die hartnäckige Inflation, den Druck auf die Lebenshaltungskosten und eine kräftige Dosis Geopolitik hinzufügt, gerät die Entwicklung ins Stottern. Es wird eine holprige Fahrt werden, und die Anleger müssen die Auswirkungen verstehen.

Dekarbonisierung in Europa

Das Tempo der Dekarbonisierung des europäischen Energiesystems war in den letzten zehn Jahren beeindruckend. Im Jahr 2023 wurden rund 70 Gigawatt an erneuerbaren Erzeugungskapazitäten aufgebaut - eine Steigerung von 17 % gegenüber 2022 - und die EU ist auf dem besten Weg, ihr Ziel, bis 2030 42,5 % des Energieverbrauchs aus erneuerbaren Energien zu decken, sogar zu übertreffen. Auch das Vereinigte Königreich hat in einigen Bereichen beträchtliche Fortschritte gemacht, etwa bei der Reduzierung der Emissionsintensität von Strom um 64 % seit 2015.

Doch seit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine hat sich das Augenmerk auf Energiesicherheit und Bezahlbarkeit verlagert. Dies hat sich in den letzten 12 Monaten noch weiter verstärkt.

Energiesicherheit und Erschwinglichkeit

Im Vereinigten Königreich wurden die Kostenprobleme der Windindustrie im Jahr 2023 deutlich, als es keine Gebote für die fünfte Runde der Offshore-Auktionen gab. Im Verkehrssektor führte der Kostendruck ebenfalls zu einer Verlangsamung der Einführung von Elektrofahrzeugen in ganz Europa. Zudem wurden Maßnahmen zum Verbot des Verkaufs konventioneller Personenkraftwagen verschoben.

Der Schwerpunkt der politischen Entscheidungsträger lag bisher eindeutig auf der Dekarbonisierung der Stromerzeugung, während andere Teile des Puzzles vernachlässigt wurden. Dies gilt nach wie vor für die "Raum- und Zeit"-Elemente des Übergangs: erneuerbare Energien zum richtigen Zeitpunkt dorthin zu bringen, wo sie gebraucht werden. Dieses Missverhältnis führt zu Verzögerungen und zusätzlichen Kosten für die Entwickler. Der Mangel an Speichermöglichkeiten hat zu Situationen mit negativen Strompreisen und ungenutzter erneuerbarer Energie geführt. Um die Widerstandsfähigkeit des Systems aufrechtzuerhalten, sind die Regierungen gezwungen, die harte Arbeit länger von der Gas- sowie in einigen Fällen Kohle-befeuerten Stromerzeugung erledigen zu lassen.

Der Realität ins Auge sehen

All diese Faktoren führen zu einem langsameren Dekarbonisierungspfad. Der unabhängige britische Ausschuss für Klimawandel hat große Bedenken hinsichtlich der Fortschritte des Landes bei der Erreichung der Ziele. Einige Analysten halten es inzwischen für sehr wahrscheinlich, dass das Netto-Null-Ziel für 2050 verfehlt werden wird. In Schottland war die kürzliche Streichung des Klimaziels für 2030 der Auslöser für das Scheitern der Vereinbarung über die Machtteilung in der Koalitionsregierung.

Ähnliche Entwicklungen lassen sich überall auf der Welt beobachten. Trotz beeindruckender Fortschritte ist die Energiewende nun mit einigen harten wirtschaftlichen und politischen Realitäten konfrontiert. Es ist klar, dass die Energiewende nicht ohne ein Gleichgewicht zwischen Energiesicherheit und dem Geldbeutel der Verbraucher stattfinden kann und wird.

Fallstudie - Biomethan in Italien

Als Infrastrukturinvestoren sind wir es gewohnt, in dieser komplexen Situation nach Möglichkeiten zu suchen, um für unsere Kunden einen langfristigen Wert zu schaffen. Unsere jüngste Investition in Italien ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie die Notwendigkeit der Dekarbonisierung mit Energiesicherheit und Preissicherheit für den Steuerzahler kombiniert werden kann.

Das Land strebt an, bis 2030 30 % seines Energiebedarfs aus erneuerbaren Energieträgern zu decken und im Einklang mit den allgemeinen Zielen der EU bis 2050 vollständig zu dekarbonisieren.

Mit Unterstützung der EU hat die italienische Regierung beschlossen, die Verwendung von Biogas zur Stromerzeugung aufzugeben. Stattdessen steigt sie auf Biomethan um, um fossiles Gas im Netz direkt zu ersetzen. In Italien gibt es jetzt ein Förderprogramm für Biomethan in Höhe von 4,5 Milliarden Euro. Dieses Programm ist Teil der EU-Strategie zur Steigerung der heimischen Produktion auf 35 Milliarden Kubikmeter bis 2030. Im Rahmen der Strategie können neue Biomethananlagen oder die Umrüstung bestehender Biogasanlagen auf die Produktion von Biomethan gefördert werden, um die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu herkömmlichem fossilem Gas um mindestens 80 % zu senken. Wichtig ist, dass die Umstellung auf Anreize für mehr grüne Substanz auch die Abhängigkeit des Landes von importierten fossilen Brennstoffen verringert.

Wir sind eine Partnerschaft mit Blu-H Energy eingegangen, einem Unternehmen mit einzigartiger Marktkentnis. Es hilft uns bei der Ermittlung von Anlagechancen im kleinen und mittleren Marktsegment und beim Aufbau unserer Plattform. Aber nicht alle Standorte sind gleich. Es gibt mehrere entscheidende Kriterien, die wir bei der Auswahl geeigneter Standorte berücksichtigen. An erster Stelle steht die Kontrolle des Rohstoffs. Es ist nicht so, als würde man Sonnenkollektoren auf einem Feld aufstellen und darauf warten, dass die Sonne scheint. Diese Biomethan-An-lagen benötigen große Mengen an Inputs wie Gülle und andere landwirtschaftliche Abfälle. Deren Beschaffung zum richtigen Preis und in der richtigen Qualität ist ein Schlüsselfaktor für den Erfolg.

Wir krempeln gerne die Ärmel hoch und engagieren uns für diese Art von Investitionen. Wir nehmen uns Zeit, lernen einen Sektor kennen und bauen die richtigen Beziehungen vor Ort auf. So schaffen wir Chancen und risikoangepasste Renditen für unsere Kunden.

Abschließende Gedanken...

Die Energiewende ist an einem entscheidenden Punkt angelangt. Man hat erkannt, dass sie nicht um jeden Preis zu schaffen ist, und es findet eine Neugewichtung in Richtung Widerstandsfähigkeit und Erschwinglichkeit statt. Dies schafft Komplexität für Investoren. Aber wie das Beispiel unserer Biomethan-Investition in Italien zeigt, ist es manchmal möglich, alle drei Erfordernisse des Trilemmas auf einmal anzugehen.