1. Bis 2050 werden vier der sieben größten Volkswirtschaften der Welt in Asien zu finden sein ...
Allgemein besteht Konsens darüber, dass China auf dem besten Weg ist, die USA als größte Volkswirtschaft der Welt zu überholen. Dies könnte bis etwa 2035 gelingen. Aber auch Indien rückt immer weiter auf und könnte bis Anfang der 2030er Jahre sogar den vierten Platz einnehmen. Indonesien wird unseren Prognosen zufolge bis Mitte der 2040er Jahre zur siebtgrößten Volkswirtschaft avancieren.
Rechnet man Japan an fünfter Stelle hinzu, so bedeutet dies, dass Asien die Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts dominieren wird.
Unter den aufstrebenden Ländern der Region sind zudem die Philippinen, Pakistan, Bangladesch und Vietnam gemäß unserer Analyse auf dem besten Weg zu einem Platz unter den Top-25.
Abbildung 1: Asiatische Schwellenländer dürften die Weltwirtschaft dominieren
Platz unter den Top-10-Volkswirtschaften der Welt.
2. … und ebenfalls bis 2050 könnten 58% des globalen Wachstums auf die Schwellenländer Asiens entfallen
Das globale Wachstum dürfte sich bis 2050 von etwa 2,5% auf nur noch 1,5% pro Jahr verlangsamen, was zum Teil auf den Rückgang des Bevölkerungswachstums in den großen Volkswirtschaften zurückgeht.
Wie unsere Analyse zeigt, dürfte Asien jedoch auch in Zukunft ein überdurchschnittliches Wachstum erwirtschaften, wobei die günstigeren demografischen Rahmenbedingungen (mehr dazu weiter unten) und das Aufholpotenzial gegenüber den derzeit weiter entwickelten Wirtschaftsräumen eine Rolle spielen. Ein Beispiel:
Das Einkommensniveau ist in vielen asiatischen Ländern immer noch vergleichsweise niedrig.
Nach wie vor ergibt sich ein großes Potenzial dadurch, dass Arbeitskräfte die Landwirtschaft verlassen und in produktivere Produktions- und Dienstleistungsberufe wechseln.
Wenn es darum geht, die Produktivität zu steigern, schöpfen viele asiatische Unternehmen bislang noch nicht die Möglichkeiten aus, die der Einsatz effizienter Technologien und führender branchenspezifischer Prozesse bieten kann.
3. Viele der asiatischen Schwellenländern profitieren weiterhin von einer demografischen Dividende
Ein wesentlicher wirtschaftlicher Eckpfeiler vieler Märkte in Asien sind die günstigen demografischen Rahmenbedingungen mit einer vergleichsweise großen Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Und das zu einer Zeit, in der viele westliche Länder mit zunehmender Überalterung zu kämpfen haben.
(Quelle: McKinsey & Company – 2020)
Einige asiatische Länder verzeichnen nach wie vor beeindruckende Bevölkerungswachstumsraten. So wird für Indien und Indonesien bis 2050 ein Anstieg der Bevölkerung um 253 Millionen bzw. 42 Millionen Menschen erwartet. Es gibt aber auch asiatische Staaten, in denen der Faktor Bevölkerungszuwachs geringer und das demografische Profil weniger günstig ausfällt. Jedoch dürfte dies durch andere Faktoren ausgeglichen werden, wie zum Beispiel:
- Die Abhängigkeitsquote, also das Verhältnis von Erwerbstätigen zu Nicht-Erwerbstätigen, dürfte sich verbessern.Dies trifft vor allem auf Indien, Indonesien und Malaysia zu.
- Es besteht Spielraum für eine bessere Qualifizierung der Arbeitskräfte.Bei Bildung und Ausbildung besteht in den asiatischen Schwellenländern noch Aufholpotenzial gegenüber den Industriestaaten (vgl. Abbildung 2). Dies dürfte einen Ausgleich in den Ländern schaffen, die schnell altern, insbesondere in China und Thailand.
Abbildung 2: Asiatische Länder können die wirtschaftliche Lücke durch bessere Qualifizierung der Arbeitskräfte schließen
Prozentualer Anteil de Bevolkerung in weiterfuhrenden Bildungseinrichtungen
Quelle: abrdn, Haver, Weltbank (März 2023)
4. Mit zunehmendem Konsum wird Asien selbst zum Wachstumsmotor
Selbst angesichts des Drucks in den Industrieländern, Fertigungsstätten wieder ins Inland zu verlagern, wird Asien seine Vormachtstellung als globales Produktionszentrum vorerst behalten, denn die Lieferketten sind zu engmaschig, als dass sie sich schnell auflösen ließen.
(Quelle: Kharas, Brookings – 2017)
Im Zuge der zunehmenden Urbanisierung und des Anstiegs der Privateinkommen dürfte Asien jedoch auch zum größten Verbraucher von Waren und Dienstleistungen aufsteigen, die dort und in der übrigen Welt hergestellt werden.
Chinas Konsumentenmarkt ist bereits jetzt halb so groß wie der US-amerikanische und dürfte diesen bis 2050 mit einem Volumen von 25 Billionen USD um fast 10% übertreffen.
Vieles wird davon abhängen, inwiefern China einen Wandel weg von einem investitionsintensiven und hin zu einem konsumorientierten Wachstumsmodell vollzieht. Aber selbst wenn dieser Wechsel nur allmählich erfolgt, wird China unseres Erachtens bis Anfang der 2040er-Jahre zur dominierenden Triebfeder des globalen Konsums werden.
Auch der Konsumentenmarkt in Indien wird sich in den nächsten 30 Jahren vervierfachen. In den asiatischen Schwellenländern dürfte er sich mehr als verdoppeln. Im Euroraum wird der Konsum hingegen vermutlich nur um 18% ansteigen.
Abbildung 3: Wachstum in Asien zunehmend konsumbasiert
Konsum in Billionen USD
Quelle: abrdn, Haver (März 2023)
Abbildung 4: Asiatische Konsumenten - wie sich das Ausgabeverhalten ändert
5. Steigende Infrastrukturnachfrage im Zuge der Urbanisierung
Aufgrund der dynamischen wirtschaftlichen Entwicklung und der vielfach immer noch wachsenden Bevölkerung werden in Asien mehr Verkehrsmittel, mehr Wohnungen und andere Gebäude sowie mehr Infrastruktur für öffentliche Dienstleistungen benötigt. Diese Nachfrage nach Infrastruktur wird die Investitionsausgaben und die Wirtschaftstätigkeit ankurbeln.
(Quelle: abrdn, Haver – März 2023)
Aus den Urbanisierungsraten lässt sich ablesen, wie hoch der Nachholbedarf an Investitionen im Infrastrukturbereich ist. Abbildung 5 zeigt, dass die weniger entwickelten Länder – vor allem in Asien – nur zu 40% – 60 % städtisch geprägt sind. Die zunehmende Urbanisierung dürfte die Bautätigkeit und damit auch die Wirtschaftstätigkeit (BIP) ankurbeln – selbst in asiatischen Ländern mit weniger günstigen demografischen Faktoren.
Unseren Berechnungen zufolge wird die Hälfte aller weltweiten Investitionen bis 2050 auf Asien entfallen - potenziell 390 Billionen USD (in USD, 2015)
Abbildung 5: Investitionsausgaben werden mit zunehmender Urbanisierung in Asien steigen
Urbanisierung (%) vs. Pro-Kopf-BIP
Source: abrdn, Haver, World Bank, March 2021.
Doch wie sieht es mit der Kursentwicklung asiatischer Vermögenswerte aus?
Ob den asiatischen Schwellenländern die erwartete Outperformance tatsächlich gelingen wird, hängt allerdings immer noch von einer Vielzahl von Faktoren ab, z.B. der Stärke ihrer staatlichen Institutionen und der Fähigkeit, politischen Druck, wirtschaftliche Ungleichgewichte und andere makroökonomische Risiken zu bewältigen.
Die gute Nachricht ist, dass diese Unsicherheitsfaktoren bereits eingepreist sind, denn Vermögenswerte aus den Schwellenländern weisen Abschläge gegenüber ihren Pendants aus den Industrieländern auf (vgl. Abbildung 6). Da die Forward-Kurs-Gewinn-Verhältnisse unter ihren 30-Jahres-Durchschnittswerten liegen, ist das Wertsteigerungspotenzial, das diese Märkte angesichts der hier skizzierten, starken und positiven Faktoren bieten, deutlich zu erkennen.
Abbildung 6: Die Bewertungskennzahlen von Vermögenswerten aus den Schwellenländern bewegen sich immer noch unterhalb ihrer langfristigen Durchschnittswerte
(Quelle: abrdn, Haver – März 2023)
Fazit: In Asien ist die Basis für eine überdurchschnittliche Wertentwicklung gegeben.
Langfristiges Wirtschaftswachstum setzt in jedem Land und jeder Region drei Dinge voraus: eine zunehmend besser qualifizierte Erwerbsbevölkerung, Investitionen in Infrastruktur, Ausrüstung und Technologie sowie eine höhere Produktivität.
Abbildung 7: Die asiatischen Schwellenländer verfügen über die Bausteine für langfristiges Wachstum
In den aufstrebenden Märkten Asiens – von China über Indien bis hin zu Indonesien und Vietnam – kommen alle drei dieser wesentlichen Bausteine zum Tragen.
Über die gesamte Region hinweg sind unseres Erachtens strukturelle Triebkräfte am Werk, die dazu führen werden, dass das Wirtschaftswachstum höher ausfällt als in den Industrie- und anderen Schwellenländern.
Das Jahrhundert Asiens hat gerade erst begonnen.
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