Wir haben unser Team für Klimaanleihen vor vier Jahren aufgebaut, bevor wir im Juni 2021 einen Fonds auflegten. In dieser Zeit haben wir unseren Kunden geholfen, in Übergangschancen zu investieren und gleichzeitig einen Beitrag zur Dekarbonisierung und Anpassung an den Klimawandel zu leisten.
Obwohl unsere Ziele konstant geblieben sind, haben wir viele Entwicklungen in der Investmentlandschaft erlebt. Im Folgenden stellen wir sieben unserer wichtigsten Erkenntnisse vor - und geben einen Ausblick auf die Zukunft.

1. Die Zunahme von Greenwashing

Eine der wichtigsten Entwicklungen, die wir im Bereich der nachhaltigen Investments beobachten konnten, ist Greenwashing. Das ist eine Entwicklung, die kein Investor auf die leichte Schulter nimmt. Die Herausforderung beginnt mit den Nachhaltigkeitsberichten eines Unternehmens. Diese langatmigen Dokumente zielen oft darauf ab, das Unternehmen in seinem besten Licht darzustellen. Und das tun sie in der Regel auch - mit großem Tamtam. Eine genauere Untersuchung kann jedoch Ungenauigkeiten in der Berichterstattung und bei der Messung aufdecken. Auch eine gründliche Analyse der Ausgaben eines Unternehmens oder der Art und Weise, wie es Anreize für das Management schafft, kann ein weniger rosiges Bild offenbaren. Mit anderen Worten: Die Unternehmen übertreiben oft, wenn es um ihre Umweltbilanz geht.

Wir versuchen zu verstehen und zu quantifizieren, welche Maßnahmen ein Unternehmen ergreift, um die Klimawende zu unterstützen.

SAMUEL GRANTHAM, INVESTMENT DIRECTOR

In den letzten vier Jahren haben wir Verfahren und Rahmenbedingungen entwickelt, die uns helfen, die tatsächlichen Auswirkungen der Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens auf die reale Welt besser zu verstehen. Wir hinterfragen nicht nur Nachhaltigkeitsberichte. Wir versuchen zu verstehen und zu quantifizieren, welche Maßnahmen ein Unternehmen ergreift, um die Klimawende zu unterstützen.

2. Das Für und Wider von Labeln

Dies führt uns zu der gefährlichen Anziehungskraft von Labeln. Nachhaltige Investments werden mit Begriffen wie "grüne" Anleihen, "kohlenstoffarm", "wissenschaftsbasierte Ziele" und "Artikel 9" umschrieben. Diese Begriffe entspringen dem Versuch, eine komplexe Welt zu vereinfachen und zu verstehen. Wir haben jedoch festgestellt, dass es bei nachhaltigen Investments keine eindeutige Kennzeichnung von "gut" und "schlecht" gibt. Dies gilt insbesondere für Investments in Bezug auf den Klimawandel. Investitionen, die als "grün" oder "kohlenstoffarm" bezeichnet werden, erfüllen oft nicht die Erwartungen. Ebenso ist der Besitz eines Portfolios mit "wissenschaftlich fundierten Zielen" keine Garantie für eine positive, greifbare Umweltwirkung.

3. Es ist nicht leicht, grün zu sein

„Grüne" Anleihen sind eine gute Möglichkeit, Kapital in Umweltprojekte zu investieren. Dazu gehören etwa Initiativen für erneuerbare Energien, Maßnahmen zur Vermeidung von Umweltverschmutzung und Wasserbewirtschaftungsprogramme.

„Grüne" Anleihen sind ein wachsender Sektor. Im Jahr 2023 wurden "grüne" Anleihen im Wert von rund 250 Milliarden US-Dollar verkauft. Allerdings haben auch zahlreiche Unternehmen mit umweltschädlichen Praktiken diese Anleihen ausgegeben. Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, "grüne" Anleihen nicht nur nach ihrem Etikett zu bewerten, sondern auch im Kontext der Gesamttätigkeit des Unternehmens, seiner Geschäftsaktivitäten und Lieferketten.

Darüber hinaus lassen viele Kennzahlen, die Anleger zur Ermittlung "grüner" Unternehmen verwenden, wichtige Teile des Klimapuzzles außer Acht. In der Regel konzentrieren sich die Anleger auf die Scope-1- und Scope-2-Emissionen (die direkten Emissionen aus dem Betrieb und dem Energieverbrauch des Unternehmens) und vernachlässigen die Scope-3-Emissionen (die indirekten Emissionen in der Wertschöpfungskette eines Unternehmens). Unserer Erfahrung nach können die Scope-3-Emissionen bis zu drei Viertel der Gesamtemissionen eines Unternehmens ausmachen.

4. Klimawandel: ein anderer Ansatz

Für viele Marktteilnehmer bedeuten Klima-Investments, dass sie sich auf "grüne" oder emissionsarme Unternehmen konzentrieren. Andere wiederum halten sich von Unternehmen und Sektoren mit hohen Emissionen fern. Beide Ansätze zielen darauf ab, Klimafonds aufzubauen, die einen kohlenstoffarmen Fußabdruck haben.

Unser Verfahren ist anders. Wir ermitteln die wichtigsten Emissionsquellen in den wichtigsten Sektoren - Energie, Verkehr, Material, Immobilien und Industrie. Anschließend ermitteln wir Unternehmen mit ehrgeizigen und glaubwürdigen Plänen zur Verringerung dieser Emissionen. Wir sind davon überzeugt, dass Investoren nicht in der Lage sein werden, den Klimawandel zu bekämpfen, indem sie nur in Unternehmen mit einem ohnehin kleinen Kohlenstoff-Fußabdruck investieren. Wir müssen Unternehmen mit glaubwürdigen Dekarbonisierungsplänen finden, die greifbare Ergebnisse liefern.

Energieversorger oder Bank?

Zwei Beispiele sollen dies verdeutlichen. Das eine ist ein portugiesischer Energieversorger, der zig Milliarden Euro in erneuerbare Energien investiert. Er hat auch konkrete Pläne, innerhalb der nächsten Jahre aus der Kohle auszusteigen. Dann ist da eine US-Bank, die Milliarden an Unternehmen mit fossilen Brennstoffen verleiht. Ihre Emissionsintensität liegt bei einer Tonne CO2 pro eine Million Dollar Umsatz, was in krassem Gegensatz zu den 260 Tonnen CO2 steht, die der Energieversorger bei gleichem Umsatz ausstößt.

Wir sind davon überzeugt, dass greifbare Ergebnisse erzielt werden, wenn Investitionen auf Unternehmen mit sinnvollen Dekarbonisierungsstrategien in emissionsintensiven Sektoren gelenkt werden.

THOMAS LEYS, INVESTMENT DIRECTOR

Auf den ersten Blick scheint die Bank einen geringeren CO2-Fußabdruck zu haben als das Versorgungsunternehmen. Eine umfassendere Analyse zeigt jedoch, dass der Energieversorger aktiv zu einer erheblichen Verringerung seiner Emissionen beiträgt, die den Kohlenstoff-Fußabdruck der Bank bei weitem übersteigt. Es sind die Initiativen des Energieversorgers, die unserer Meinung nach einen größeren Einfluss auf die Abschwächung des Klimawandels haben werden.

Aus diesem Grund geht unsere Strategie über die bloße Zusammenstellung eines kohlenstoffarmen Portfolios hinaus. Wir sind davon überzeugt, dass praktische Ergebnisse erzielt werden, indem wir Investments auf Unternehmen mit sinnvollen Dekarbonisierungsstrategien in emissionsintensiven Sektoren lenken.

5. Vermeiden Sie keine vermiedenen Emissionen

Es ist auch wichtig, sich auf Unternehmen zu konzentrieren, die anderen beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen Zukunft helfen. Beispiele hierfür sind Unternehmen, die Batterien, Elektrofahrzeuge, Dämmstoffe für Gebäude, Recyclinglösungen und öffentliche Verkehrsmittel herstellen. Auch wenn diese Unternehmen nicht mit einem niedrigen Kohlenstoff-Fußabdruck aufwarten können, spielen ihre Produkte und Dienstleistungen eine wichtige Rolle bei den weltweiten Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels.

Isolierung und Transport

Nehmen wir zum Beispiel ein Unternehmen, das Gebäudeisolierung herstellt. Seine Tätigkeiten und Lieferketten sind mit Emissionen verbunden. Durch die Verringerung des CO2-Fußabdrucks eines Gebäudes hat das Unternehmen jedoch einen wesentlichen Einfluss, der weit über die negativen Auswirkungen seiner eigenen Emissionen hinausgeht.

Dann gibt es noch ein Eisenbahnunternehmen, das Großbritannien und Frankreich miteinander verbindet. Seine Scope-1-Emissionen sind in den letzten fünf Jahren zwar gleich geblieben, könnten aber einige umweltbewusste Anleger abschrecken. Wenn man jedoch genauer hinsieht, stellt man fest, dass das Unternehmen durch das Angebot elektrifizierter Bahndienste als Alternative zu mit fossilen Brennstoffen betriebenen Schiffen oder Flugzeugen dazu beiträgt, jährlich etwa zwei Millionen Tonnen CO2-Emissionen zu vermeiden.

6. ESG: Hinter den Zahlen

Wir können nicht über Klima-Investments sprechen, ohne uns mit Umwelt-, Sozial- und Governance-Daten (ESG) und -Regulierung zu befassen. In Europa stellen die SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation) und die EU-Taxonomie für grüne Klassifizierungen einen bedeutenden Schritt nach vorne in der Regulierungslandschaft dar. Diese Entwicklungen haben zu einer deutlichen Verbesserung sowohl der Quantität als auch der Qualität der ESG-Daten geführt. Sie haben jedoch auch zu einigen unbeabsichtigten Konsequenzen geführt.

Kehren wir zu unserem portugiesischen Energieversorger zurück. Ungefähr 5 % seiner Einnahmen stammen noch immer aus der Kohleverstromung. Folglich könnten Anleger, die sich auf strenge Ausschlusskriterien verlassen, das Unternehmen übersehen. Dabei ist das Unternehmen führend bei der Netto-Null-Umstellung in Europa und der weltweit größte Entwickler von erneuerbaren Energien. Das Unternehmen hat sich außerdem verpflichtet, bis 2025 aus der Kohleverstromung auszusteigen. Es blindlings zu meiden, wäre eine verpasste Chance.

7. Die renditestarke Chance

Die Erstellung detaillierter ESG-Daten ist zeitaufwändig und kostspielig. Die meisten Emittenten von Investment-Grade-Anleihen haben eigene Nachhaltigkeitsteams, die diese Daten erstellen und analysieren. Im Gegensatz dazu sind viele Emittenten von Hochzinsanleihen jüngere und kleinere Unternehmen. Die meisten verfügen nicht über die Ressourcen, den Rahmen oder die Erfahrung, um detaillierte Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen. Das Fehlen detaillierter Berichte schmälert jedoch nicht die Bedeutung von Hochzinsunternehmen für den Klimawandel. Wir sind auf zahlreiche Unternehmen gestoßen, deren Angaben zwar begrenzt sind, die aber mit ihrer Geschäftstätigkeit einen erheblichen Beitrag zur Klimawirtschaft leisten. Dies stellt jedoch eine Chance für Vermögensverwalter dar, die in der Lage sind, Unternehmen zu identifizieren, die zwar weniger detailliert berichten, aber starke ESG-Praktiken anwenden. Investitionen in solche Unternehmen haben das Potenzial, eine Outperformance zu erzielen, sobald der Markt den inhärenten Wert eines Unternehmens anerkennt.

Abschließende Gedanken...

Die Welt steuert auf einen Temperaturanstieg zu, der weit über den Zielen des Pariser Abkommens liegt. Angesichts der immer häufiger auftretenden verheerenden Überschwemmungen und Brände ist die Notwendigkeit der Dekarbonisierung und des Aufbaus von Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel wichtiger denn je. Wir sind davon überzeugt, dass festverzinsliche Anleger attraktive Chancen nutzen können, während sie gleichzeitig einen Beitrag zur Netto-Null-Umstellung leisten und die Volkswirtschaften bei der Anpassung an eine wärmere Welt unterstützen.

Samuel Grantham und Thomas Leys sprechen im Podcast von „Sustainability inspires“ über Anleihen, die in den Klimawandel investieren.

Die Auswahl der Unternehmen dient lediglich der Veranschaulichung des hier beschriebenen Investment-Management-Stils und stellt keine Anlageempfehlung oder einen Hinweis auf die künftige Wertentwicklung dar. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Hinweis auf zukünftige Ergebnisse.