2020 gab Aberdeen Standard Investments eine umfassende Umfrage an den fünf größten Versicherungsmärkten in Europa – Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien und die Schweiz – in Auftrag. Unser Ziel war es, herauszufinden, wie Versicherungsanleger auf die Herausforderungen in Bezug auf ökologische, soziale und Governance-Belange (ESG-Belange) reagieren. Der vollständige Bericht umfasst die aktuellen Praktiken, künftigen Zielsetzungen und Ansichten der wesentlichen Entscheidungsträger von 60 europäischen Versicherungsunternehmen.

Aus unserer Umfrage geht eindeutig hervor, dass sich die ESG-Praktiken von Versicherern zwar kontinuierlich verbessern, aber noch einen langen Weg vor sich haben. Versicherungsunternehmen sorgen jedoch weiterhin für Innovationen – dies gilt sowohl für Gesellschaften, die im Hinblick auf ESG eine Vorreiterrolle eingenommen haben, als auch solche, die das Thema erst kürzlich angegangen sind.

Weiteres Potenzial in Bezug auf ESG

Für Versicherungsgesellschaften stellen nachhaltige Anlagepraktiken ein noch relativ neues Vorgehen dar. Obschon der Großteil der Marktführer über langjährige ESG-Erfahrung verfügt, gaben 39% der Versicherer an, ESG-Belange erst seit höchstens drei Jahren in ihrer Anlagepolitik zu berücksichtigen.

Derzeit verfolgen 63% der Befragten formalisierte Aktionspläne im Hinblick auf nachhaltige Anlagen, was für eine weitere Zunahme in diesem Bereich spricht. Alle Umfrageteilnehmer streben Verbesserungen an. Ein an der Umfrage teilnehmender französischer Lebensversicherer äußerte sich wie folgt dazu: „Es gibt noch immer vieles, das wir nicht wissen. Die Verbesserung unserer Praktiken stellt ein kontinuierliches Unterfangen dar.“

Pioniere, Nachfolger und Überholer

Mit Blick auf ESG-Belange lassen sich die meisten Versicherer in drei Kategorien unterteilen. Die erste umfasst sich verbessernde Vorreiter. Dabei handelt es sich in der Regel um große Versicherungsunternehmen, die führend im Bereich nachhaltiger Anlagen sind. Ihre Praktiken haben sich im Einklang mit der zunehmenden Reife des Marktes weiterentwickelt. Sie bauen auf modernste ESG-Methoden und sind stets bestrebt, diese weiter zu verbessern.

Die zweite Kategorie betrifft die Marktfolger. Diese Institutionen zählen nicht zu den Pionieren, haben die Marktentwicklungen aber größtenteils nachvollzogen. Innovationen sind bei diesen Unternehmen selten, doch sie halten sich bezüglich neuer Themen stets auf dem Laufenden. Sie stellen den pragmatischen Kern der Umfrageteilnehmer dar.

Dann gibt es noch die Überholer. Dabei handelt es sich um Nachzügler im Hinblick auf nachhaltige Anlagen, die aber von der Reife des Marktes profitieren. Sie streben danach, die Konkurrenz hinter sich zu lassen und innovative ESG-Ansätze zu bieten, wobei sie sich mitunter direkt umfangreicher Klimarisikoanalysen oder Impact-Investments bedienen. Diese Gruppe setzt sich hauptsächlich aus kleineren, lokalen Versicherern zusammen, die in der Vergangenheit kaum einer ESG-Regulierung unterlagen.

Die Pioniere machen sich stets die modernsten nachhaltigen Anlagepraktiken zunutze, Innovationen können sich aber auch durch Überholer ergeben, welche die Reife des Marktes für Neuerung mittels neuer Rahmenwerke für Impact- oder Klimainvestments nutzen.

Barrieren durchbrechen

Obschon bereits einige Hindernisse bei der ESG-Integration überwunden wurden, ist das Streben nach nachhaltigen Anlagen nach wie vor mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Die meisten davon resultieren daraus, dass sich die ESG-Praktiken noch in den Kinderschuhen befinden, andere scheinen strukturellerer Natur zu sein.

Eine Herausforderung, die 46% der Umfrageteilnehmer genannt haben, ist die mangelnde Homogenität der ESG-Landschaft. Dies bezieht sich auf die Daten (keine einheitlichen Berichtsstandards, schlechte Datenqualität) sowie die unterschiedlichen Methodologien, die zum Einsatz kommen. Die meisten Umfrageteilnehmer gaben an, dass sie bei einer stärkeren Standardisierung besser in der Lage wären, sowohl Einzeltitel als auch extern verwaltete Fonds zu bewerten. Ein italienischer Lebensversicherer fasste die Situation wie folgt zusammen: „Der Zugang zu ESG-Daten stellte lange Zeit ein Problem dar. Nun werden wir im Grunde schon mit ESG-Daten überschüttet. Doch was wir wirklich brauchen, sind standardisierte Verfahren.“

Eine weitere Herausforderung betrifft weniger die Daten, sondern vielmehr die menschliche Komponente. Etwa 19% der Versicherungsunternehmen gaben an, dass ihre internen Portfoliomanager nachhaltige Anlagepraktiken nur zögerlich umsetzen würden. Der Großteil von ihnen geht aber davon aus, dass diese Zurückhaltung nachlassen wird, da sich ESG immer weiter verbreitet und es innerhalb der Anlageteams zu einem Generationswechsel kommt.

Die Grenzen von ESG: nur ein Input-Faktor?

Eine weitere Herausforderung, der sich Versicherungsunternehmen gegenübersehen, ist die Umsetzung nachhaltigkeitsbedingter Veränderungen in ihren Portfolios. Nur 24% der Befragten erachten ESG als primären Treiber der Anlagestrategie. Bei der Definition ihrer Anlagestrategie stellen das Asset-Liability-Management, die Renditesuche und die Solvenzkapitalanforderungen allesamt wichtigere Faktoren für Versicherer dar. „Wir berücksichtigen ESG-Faktoren nur, wenn uns dies hilft, bessere risikobereinigte Erträge zu erwirtschaften“, so ein Lebensversicherer aus Großbritannien.

Tatsächlich wird ESG meist als zusätzliches Mittel zur Verbesserung der Anlagestrategie wahrgenommen, d.h. als ein Input-Faktor und nicht als zentrales Element der Anlagestrategie.

Eine beachtliche Minderheit der Umfrageteilnehmer (37%) hat Schritte unternommen, um die strategische Asset Allocation anhand von Nachhaltigkeitskriterien auszurichten. Dies erfolgte jedoch hauptsächlich in Form einer höheren Allokation bei privaten Anlagen (der bevorzugte Bereich für Impact- und thematische, innovative Anlagen) und einer Reduzierung des Engagements bei weniger transparenten Anlageklassen (z.B. Hedgefonds).

Die an der Umfrage beteiligten Versicherungsunternehmen gaben an, dass ESG-Belange eher bei der Beurteilung von Einzeltiteln (81% der Befragten) oder bei der Auswahl von Anlageprodukten (74%) berücksichtigt werden.

Die meisten Versicherer (70%) berichteten, dass die ESG-Integration vor allem bei der Anlageberichterstattung zum Tragen kommt, sich auf die Anlageportfolios selbst aber nur relativ geringfügig auswirkt. 60% der Befragten gaben zu verstehen, dass ESG-Belange die Anlageentscheidungen höchstens in seltenen Fällen beeinflusst haben.

Die Umfrageteilnehmer aus dem Lebensversicherungsbereich hoben überdies strukturelle Beschränkungen bei ihren Kaufen-und-Halten-Strategien hervor. Da sie ihre Fixed-Income-Positionen nicht ohne Weiteres liquidieren können, sind Ausschlüsse und die Berücksichtigung von ESG-Belangen oftmals auf neue Engagements begrenzt. Dies kann dazu führen, dass kontroverse Unternehmen längere Zeit in den Portfolios enthalten bleiben, und die Umsetzung neuer ESG-Richtlinien bremsen.

Ausschlüsse lassen sich in der Regel nur bei einem geringen Teil des Anlageuniversums vornehmen und wirken sich daher nur minimal auf die allgemeine Anlagestrategie aus. Ähnlich verhält es sich mit Engagements bei Impact- und thematischen Produkten. Diese nehmen zwar zu, beschränken sich aber häufig auf periphere Anlageklassen (hauptsächlich private Anlagen) und werden durch den Mangel an geeigneten Produkten am Markt begrenzt. Dies stellt eine deutliche Gelegenheit für Anlageverwalter dar.

Die vollständige Versicherungsumfrage finden Sie hier.
In 2020, Aberdeen Standard Investments commissioned in-depth research across Europe’s five largest insurance markets: the UK, Germany, France, Italy and Switzerland. Our aim was to investigate how insurance investors are responding to environmental, social and governance (ESG) challenges. The full report covers current practice, future objectives and the views of key decision-makers at 60 European insurance companies.

A clear finding of our research was that insurers’ ESG practices are continuing to improve but still have much further to go. Insurance companies continue to innovate, however, with innovations coming from both pioneering companies and those that have only recently acknowledged ESG.

Further to go on ESG


For insurance companies, sustainable investment practices are a relatively recent initiative. Although most of the market leaders have longstanding ESG experience, 39% of insurance companies claim to have less than three years of active consideration of ESG in their investment policies.

At present, 63% of respondents have formalised action plans dedicated to sustainable investment, indicating that more is to come. All respondents are looking to improve. One respondent, a French life insurer, put it like this: “There is still much we do not know. It is a continuous effort to improve our practices”.

Pioneers, followers and leapfroggers


When it comes to ESG, most insurers fall into one of three categories. The first category consists of improving pioneers. These are generally large companies that have been at the forefront of sustainable investment. Their practices have evolved along with the maturity of the market. They are at the cutting edge of ESG and continuously seek to sharpen it.

Next are market followers. These institutions are not pioneers but have broadly followed market developments. They rarely innovate but aim to keep up with new themes. They represent the pragmatic core of respondents.

Then there are leapfroggers. These are latecomers to sustainable investing but benefit from the market’s maturity. They seek to leapfrog the competition and provide innovative approaches to ESG, sometimes jumping directly to in-depth climate-risk analyses or impact investments. This group consists mainly of smaller, local insurance companies historically subject to little or no ESG regulation.

The pioneers are continuously exploring the cutting edge of sustainable investment, but innovation may also stem from leapfroggers who exploit the market’s maturity to innovate through new impact or climate frameworks.

Breaching the barriers


Although some barriers to ESG integration are breaking down, the drive towards sustainable investment still faces many challenges. Most of these stem from the nascent nature of ESG practices; others appear more structural.

A challenge highlighted by 46% of our respondents is the lack of homogeneity in the ESG landscape. This covers data (lack of common reporting standards, poor data quality) and methodological divergences in its use. Most respondents said that increased standardisation would improve their ability to assess both individual securities and externally managed funds. One Italian life insurer summed up the situation. “Access to ESG data has been an issue for a long time. Now, we are almost submerged by ESG data. What we really need now is standardisation.”

Another challenge concerns people rather than data. Some 19% of insurance companies highlighted reluctance among their in-house portfolio managers to implement sustainable investment practices. However, most expect this resistance to fade as ESG becomes increasingly mainstream and as generational shifts occur within investment teams.

The limits of ESG: an input only?


A further challenge for insurance companies is how to implement sustainability-related changes in their portfolios. Only 24% of respondents view ESG as a primary driver of investment strategy. In defining insurance companies’ investment strategies, asset-liability management, the search for yield and solvency-capital requirements are all regarded as more important. “We consider ESG only when it helps us generate better risk-adjusted returns,” as one life insurer in the UK put it.

In fact, ESG is most often perceived as an additional element to improve the investment strategy – an input into the investment strategy rather than its defining factor.

A sizeable minority of respondents (37%) have taken initiatives to influence strategic asset allocation based on sustainability criteria. However, this has mainly taken the form of increased allocations to private assets (the preferred area for impact and thematic innovation) and marginalisation of less transparent asset classes (e.g. hedge funds).

Insurance companies reported that ESG was more often a consideration when evaluating individual securities (81% of respondents) or the selection of investment products (74%). Most recognise that ESG-integration practices have primarily manifested in investment reporting (70%) and that the impact on investment portfolios has been relatively minor. 60% of respondents note that ESG has affected investment decisions on rare occasions at most.

Life-insurance respondents also highlighted a structural constraint linked to their buy-and-hold strategies. As they cannot easily liquidate their fixed-income positions, exclusions and ESG integration are often limited to new investments. This may lead to controversial companies staying in portfolios longer and limits the speed at which new ESG policies may be implemented.

Exclusions are usually restricted to a minimal subset of the investment universe and, therefore, have only a marginal impact on the overall investment strategy. Similarly, although allocations to impact and thematic products are growing, they are often limited to peripheral asset classes (mainly private assets) and are hindered by the lack of adequate products on the market. That represents a clear opportunity for investment managers.

You can read our full insurance-survey report here.